Die Expedition des Teams um Projektleiter Prof. Dr. Johannes Müller vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der CAU Kiel führt nach Moldavien zu der kupfersteinzeitlichen Großsiedlung Stolniceni, einer sog. Mega-Site, die zur Tripolje-Cucuteni Kultur gehört. Diese Kultur, die sich im Zeitraum 5000 – 2700 v. Chr. in Osteuropa auf dem heutigen Gebiet der Ukraine, Moldaviens und Rumäniens ausbreitete, schuf die größten bekannten Siedlungen dieser Zeit in Europa: „Metropolen“ mit vermutlich bis zu 30.000 Einwohnern, die sich über Flächen von bis zu 340 Hektar erstreckten.
Das gemeinschaftliche Zusammenleben so vieler Menschen erfordert ein hohes Maß an Organisation, und so wirft allein die Größe dieser Mega-Sites viele Fragen auf: Wie war die Gesellschaft organisiert? Gab es Klassen, gesellschaftliche Unterschiede, demokratische Prozesse, Führer? Wie liefen Entscheidungsprozesse ab? Wie sah die Umwelt zur damaligen Zeit aus? Wie konnten so viele Menschen ernährt werden? Und schließlich: Warum wurden die Siedlungen aufgegeben?
Diesen Fragen versucht das Kieler Forschungsteam gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Şcoala Antropologică Superioară in Chişinău, Moldawien auf die Spur zu kommen. Geomagnetische Untersuchungen und Grabungen der Vorjahre ließen bereits den Siedlungsplan sichtbar werden: eine runde Struktur mit radial angelegten Gruppen von geschätzt um die 340 Häusern, die von drei Gräben umschlossen ist und sich über eine Fläche von ca. 33 Hektar erstreckt.
Die Wissenschaftler des SFB planen in diesem Sommer den vermutlich einzigen Brennofen der Siedlung und das dazugehörige Haus freizulegen und zu untersuchen.